Löwenwall

Der Löwenwall ist – wie die anderen Teile des Walls – im Rahmen der Schleifung der Befestigungsanlagen Anfang des 19. Jahrhunderts entstanden. Im Gegensatz zum Inselwallpark oder dem Kiryat-Tivon-Park war dieses damals Monumentplatz genannte Areal (den Namen Löwenwall bekam er erst 1905) von vornherein auf Öffentlichkeit ausgelegt. Peter Joseph Krahe hatte für die Umgestaltung der Wallanlagen ab 1803 die Gesamtverantwortung.

Im Mittelpunkt steht ein 1823 eingeweihter Obelisk, der den beiden Herzögen Karl Wilhelm Ferdinand und Friedrich Wilhelm gewidmet ist, die beide in den Napoleonischen Kriegen gefallen waren.

Obelisk Südseite

Die vier Löwen um den Obelisken stammen von Johann Gottfried Schadow, dessen Prinzessinnengruppe (in der Alten Nationalgalie in Berlin zu sehen) zu meinen Lieblingsskulpturen zählt.

Obelisk Nordseite

Die ursprünglichen Intentionen Krahes spiegeln sich in einer Karte, die 1836 von Carl Wilhelm Schenk angefertigt wurde [1] (im Vergleich eine Karte von 2021 [2]) Hier ist das Hippodrom weniger isoliert von den anderen Parkanlagen des Walls als es heute der Fall ist.

Karte 1836
Karte 2021

Nach Norden hin hat man eine Sichtachse zu dem (aus einem Ravelin entstandenen) Hügel, der sich heute östlich der Herzog-Anton-Ulrich-Museums befindet. Sie gleicht nur heute durch die hohen Bäume einem Tunnel.

Blick nach Norden

Auf der gleichen Achse sieht man in Richtung Süden den Windmühlenberg. Um diese
Sicht noch zu betonen, wurde die namensgebende Windmühle zwischen 1825 und 1830 abgerissen und der Berg mit Bauschutt auf eine Höhe von 26 m über der Oker gebracht. Durch die weitgehende Abtragung des Windmühlenbergs für den Bau der Kurt-Schumacher-Straße in den 1950ern ist diese Sichtachse verschwunden.

Übrigens muss auch umgekehrt der Windmühlenberg einen imposanten Aussichtspunkt über den Wall und das Magniviertel geboten haben. Eine Ahnung davon vermittelt eine Lithographie aus der Mitte des 19. Jahrhunderts [3].

Blick vom Windmühlenberg

Die Bebauung hier ist erst nach der Anlage des Monumentplatzes entstanden. An der Ecke zur Kurt-Schumacher-Straße steht ein von Constantin Uhde entworfenes Gebäude von 1880. Bauherr war der Verleger Friedrich Westermann. Er war Sohn von George Westermann und Blanca Westermann geb. Vieweg. Blanca war eine Tochter von Friedrich Vieweg, Gründer des Vieweg-Verlags. Vieweg wiederum war Schwiegersohn von Joachim Heinrich Campe, ein weiterer Verleger. Praktisch arrangierte familiäre Verbindungen, die man eher mit dem Hochadel verbindet! Zahlreiche Gräber von Familienmitgliedern kann man heute auf dem Magni-Friedhof finden.

Westermann-Villa

Die Westermann Gruppe mit Hauptsitz an der Georg-Westermann-Allee ist einer der größten deutschen Verlage. Ich erinnere mich gerne an den Diercke Weltatlas, der lange vor Google Maps gezeigt hat, wie vielfältig die Welt ist. Seit 1883 gibt es an, inzwischen ist er auch digital. Der Sitz des Vieweg-Verlags wurde dagegen 1974 nach Wiesbaden verlegt. Inzwischen heißt er Springer Vieweg.

Mit der grotesk überdimensionierten Kurt-Schumacher-Straße verbindet den Löwenwall eine groß angelegte Treppenanlage. Zur Bauzeit gab es die Kurt-Schumacher-Straße gar nicht, südlich lag der Windmühlenberg, und der Löwenwall verlief sanft abfallend weiter zu einem Platz an der Stelle, wo die Wolfenbütteler Straße die Oker überquert. Wir kehren hier wieder Richtung Norden um.

Blick auf Kurt-Schumacher-Straße

Das eindrucksvollste Gebäude ist die Villa Gerloff, die 1888/89 für den Zuckergroßhändler Georg Ernst Gerloff errichtet wurde. Architekt war Ludwig Winter, der auch das Rathaus entworfen hat und auf den der Plan für die Rekonstruktion der Burg zurückgeht. Seit 2006 ist die Villa Sitz mehrerer Stiftungen, u. a. der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz.

Villa Gerloff

Am nördlichen Rand des Platzes steht seit 1906 das Städtische Museum. Es hat einen atemberaubenden Innenraum. Aber auch die Sammlung geht über das hinaus, was Städtische Museen oft bieten: eine Instrumentensammlung u. a. mit Klavieren von Steinweg, technische Geräte von Rollei und Voigtländer, aber auch eine Gemäldesammlung.

Städtisches Museum

Am nordöstlichen Ende beginnt ein Weg an der Oker entlang. Hier hat man einen Blick auf die Rückseiten einiger der vornehmsten Gebäude an der Adolfstraße.

Blick über die Oker auf Häuser an der Adolfstraße

Der Weg führt schließlich unter der grotesk überdimensionierten Kurt-Schumacher-Straße hindurch. Zum Vergleich die zierliche Ottmerbrücke, die hier bis 1959 stand [4].

Ottmerbrücke

Nach Überqueren der Oker auf der anderen Seite der Straße erreicht man den Bootsverleih OkerTour.

Karte
Weiter geht’s
Bildquellen