Magniviertel

Das ist der erste Anblick des Magniviertels, der sich einem vom Schlossvorplatz kommend bietet.

Rizzi-Haus

Den Vordergrund bildet das Happy Rizzi House von 2001, dessen Gestaltung auf den Pop-Art-Künstler James Rizzi zurückgeht. Es ist wohl eines der beliebtesten Fotomotive der Stadt, obwohl – oder vielleicht besser weil – es stilistisch ein absoluter Ausnahmefall ist. Die Geschmacksurteile darüber gehen auseinander; mir scheint es vor allem städtebauliche Verzweiflung über die angrenzende Georg-Eckert-Straße auszudrücken, denn die in der Nachbarschaft dominanten Gebäude – Parkhaus der Schlossarkaden und ehemaliger Kaufhof – wirken auf den Passanten abweisend und wollen jeweils für sich stehen.

Die monströse Georg-Eckert-Straße ist erst Anfang der 1970er Jahre entstanden, als mit dem Bau des Kaufhauses (damals Horten) das Magniviertel von der Einkaufszone abgetrennt wurde. Vor den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs war das Viertel noch enger mit dem Schloss verbunden; dazwischen stand das Ackerhof-Portal [1].

Ackerhof-Portal

Vom Ackerhof aus sieht man auf dem Foto im Hintergrund das Schloss, rechts die Friesenstraße. Das Portal wurde im Krieg nicht zerstört, es liegt noch wiederaufbaubereit auf einem städtischen Bauhof.

Das Haus hier am Ackerhof ist das älteste durch eine Balkeninschrift datierte Fachwerkhaus der Stadt: es wurde 1432 gebaut (an der Ägidienkirche gibt es ein im Kern deutlich älteres Haus, das aber nicht datiert ist). Nach einer wechselhaften Geschichte mit wechselnden Läden im Erdgeschoss verfiel das Haus jahrelang, bis 2023 eine umfassende Entkernung und Renovierung abgeschlossen wurde. Dabei wurden auch die im Foto sichtbaren Häuser an der Langedammestraße renoviert.

Ackerhof 2

De fakto Mittelpunkt des Magniviertels ist die Magnikirche. Kurioserweise ist sich selbst die Kirchengemeinde nicht richtig sicher, nach wem sie benannt ist, aber der wahrscheinlichste Tipp ist ein apulischer Bischof, der von Friesen verehrt wird.

Der Rufer

Die Kirche wurde im Zweiten Weltkrieg ebenso stark beschädigt wie andere Braunschweiger Kirchen, sie wurde aber anders als diese nur stark verändert wieder aufgebaut. Das Kirchenschiff ist deutlich niedriger als ursprünglich, vom Chor aus bläst Der Rufer von Bodo Kampmann zum Jüngsten Gericht.

Innen gibt es einen interessanten Bruch zwischen Süd- und Nordwand. Die Südwand ist eine fensterlose Natursteinwand…

Magnikirche Südseite innen

… während aus der Nordwand durch zahlreiche schmale Fenster farbiges Licht leuchtet.

Magnikirche Nordseite innen

Auf der abgeschiedenen Nordseite der Kirche findet man eine Ansammlung von Häusern, die es historisch so nicht gegeben hat. Hinter der Magnikirche 1 ist ein Massivbau von 1914. Als Fassade hat man das Fachwerk von Ölschlägern 29 davorgehängt, das „verfügbar“ wurde, als dort die Schlossstraße durchgebrochen und das Volksfreundhaus gebaut wurde. An den zwei benachbarten Häusern wurden Fachwerkteile von anderen kriegszerstörten Häusern z. T. aus dem Umfeld der Martinikirche vorgeblendet.

Hinter der Magnikirche 1

Hinter der Magnikirche 4 wurde 1514 am Kohlmarkt (!) erbaut und 1955 hierhin versetzt. Es war das Pfarrhaus der 1544 aufgelösten Ulrici-Gemeinde gewesen. Da das Haus in seiner Urform viel breiter gewesen war, musste das Spruchband auf dem Fachwerk auf mehrere Etagenverteilt werden.

Hinter der Magnikirche 4

Das Fachwerkhaus Hinter der Magnikirche 5 ist das einzige in dieser Reihe, das noch aus dem 15. Jahrhundert erhalten ist. Das Backsteingebäude rechts daneben ersetzt 1885 ein altes Fachwerkgebäude. Der Architekt war kein geringerer als Ludwig Winter. Wiederum rechts daneben steht ein Fachwerkgebäude, aber eines, das erst 1870-80 errichtet wurde, als Fachwerk eigentlich gar nicht mehr angesagt war. Schon an den Geschosshöhen kann man aber sehen, dass es neueren Datums ist.

Hinter der Magnikirche 5, 6a, 6b

Schließlich gibt es noch das Pfarrhaus, das aus dem Jahr 1705 stammt.

Hinter der Magnikirche 7

Anders, als man vermuten könnte, ist der Platz vor der Kirche historisch kein Marktplatz (der Markt des Weichbilds Altewiek, zu dem das Magniviertel zählte, ist der Ägidienmarkt, der heute von der vierspurigen Auguststraße durchquert wird). Hier war ein Friedhof, dessen Mauer noch Ende des 18. Jahrhunderts existierte, und der verschwand, als ab 1755 alle innerstädtischen Kirchhöfe außerhalb der Stadtmauern verlegt wurden. Heute ist der Platz einer der schönsten Orte für die am Ölschlägern gelegenen Cafés.

Platz vor der Magnikirche

Weiter auf der Straße Am Magnitor sind einige Kneipen und Speiserestaurants aufgereiht, und hier trifft man sich, um Eintracht-Spiele am Fernseher zu verfolgen.

Am Magnitor

Den Abschluss am Magnitorwall bildet das Café Strupait, ein Café mit wienerischem Flair.

Café Strupait

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