Östliches Ringgebiet – Jasperallee

Die Jasperallee ist seit 1946 nach Heinrich Jasper benannt, in den 1920er Jahren mehrmals Ministerpräsident des Freistaats Braunschweig. Er ist 1945 im KZ Bergen-Belsen gestorben. Ein würdiger Namenspatron. Vorher hieß die Straße Kaiser-Wilhelm-Straße nach Wilhelm I., und etwas von der wilhelminischen Zeit strahlt sie 1906 auch aus [1].

Kaiser-Wilhelm-Straße, Federzeichnung von O. Schulze

Im Vergleich zu anderen West-Ost-Verbindungen wie Humboldtstraße und Helmstedter Straße wurde sie erst ab 1890 – also relativ spät – bebaut, da es vorher gar keine Okerbrücke am Staatstheater gab. Die Brücke bekam bald vier große Bronzefiguren, die allerdings im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen wurden.

An der Straße selbst wurde nicht an aufwendigen Fassaden gespart.

Jasperallee I

Was man eher in Neubausiedlungen vermuten würde, sind Reihenhäuser – nur dass sie hier zeittypische Geschosshöhen haben. In Braunschweig sind Gründerzeithäuser dieses Typus eher unüblich, in Bremen kann man ganze Straßenzüge mit solch einer Bebauung finden.

Jasperallee II

In der Mitte befindet sich ein von Winterlinden gesäumter Fußweg. Die Bäume haben 2019 ältere und schon 5-7 m hohe Bäume ersetzt, die den Bedingungen des Standorts nicht gewachsen waren.

Jasperallee III

Auf dem Abschnitt außerhalb des Rings fällt eine Seltsamkeit der St.-Pauli-Kirche vielleicht nur dann auf, wenn man einen Kompass in der Hand hat: sie steht nämlich entgegen aller Konvention mit dem Chor nach Norden. Das neugotische Gebäude stammt von Ludwig Winter, der eine Vorliebe für Historismus hatte, wie man am Rathaus sieht. Die Kirche hatte übrigens ursprünglich einen Turmhelm, der aber im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde.

Paulikirche

Auch ein Abstecher zur Roonstraße lohnt. Zur Ecke Dörnbergstraße…

Roonstraße Ecke Dörnbergstraße

…und zur Ecke An der Paulikirche, wo ein Haus keck seinen Turm zeigt, wo die St.-Pauli-Kirche keinen mehr hat.

An der Paulikirche

Und gegenüber der Paulikirche lockt der Olfermannplatz zum Verweilen.

Olfermannplatz

Der Mittelstreifen der Jasperallee hat hier noch höhere Bäume als auf dem westlichen Abschnitt . Auf der einen Hälfte der Straße fuhr bis 1955 eine Straßenbahn von der Innenstadt über Altewiekring und Husarenstraße bis zum Stadtpark, der 1884 angelegt worden war, also noch bevor das ganze Gebiet aufgesiedelt war.

Jasperallee IV

Die Jasperallee endete – als Kaiser-Wilhelm-Straße – ursprünglich am 1884 angelegten Stadtpark, jenseits dessen die Stadtgrenze verlief. Als Abschluss der Straße wurde 1925 ein Denkmal errichtet, das auf Initiative und einen Spendenaufruf des „Vereins der ehemaligen Ostasiaten und Afrikaner“ zurückging. Geehrt wurden damit die Soldaten, die in den deutschen Kolonien gekämpft hatten. Konkret waren diese etwa Mitglieder von Einheiten, die in Deutsch-Südwestafrika die Hälfte der Völker der Herero und Name auslöschten. Ebenso zur Kolonialgeschichte Deutschlands gehört die Entsendung von Truppen in den Boxerkrieg, bei der Wilhelm II. die Soldaten mit den Worten „Pardon wird nicht gegeben! Gefangene werden nicht gemacht!“ anstachelte. Rassismus und Vernichtungswille waren Bestandteil der Außenpolitik des Deutschen Reiches lange vor dem Nationalsozialismus.

Kolonialdenkmal

Als 1936 die Straße durch den Stadtpark hindurch verlängert wurde – sie sollte auf das Franzsche Feld als Aufmarschgelände hinführen – wurde das Denkmal an seinen heutigen Ort versetzt.

Die Gestaltung des Parks lag in der Verantwortung von Friedrich Kreiß, der hier noch vor der Anlage des Bürgerparks und des Prinz-Albrecht-Parks wirkte. Auf dem Gelände gibt es die „Wirtschaft für Spaziergänger“, deren Gebäude noch von Ludwig Winter entworfen wurde.

Wirtshaus im Stadtpark
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