Leiferde – Drütte
Die Reichswerke waren ein Resultat der Bemühungen, in der Stahlherstellung unabhängig vom Ausland zu werden. Die Erzminen in Elsass-Lothringen waren durch den Ersten Weltkrieg verloren gegangen. Dass es im Salzgitter-Gebiet Erzvorkommen gab, war schon lange bekannt; es hatte schon im 19. Jahrhundert kleinere Hütten im Umfeld von Salzgitter gegeben. Da Salzgitter günstig inmitten Deutschlands lag, wurde es als Standort eines großen Hüttenwerks auserkoren. Dass das hier lagernde Erz qualitativ minderwertig war, nahm man aufgrund des höheren Ziels ebenso in Kauf wie das Auslöschen vieler Tausend Hektar fruchtbaren Ackerbodens. Der Bau erfolgte ab Herbst 1937, der erste Abstich konnte im Oktober 1939 durchgeführt werden. Dabei sind die umfangreichen Maßnahmen zu Umsiedlung und verkehrstechnischer Erschließung nicht einbegriffen.
Eine notwendige verkehrstechnische Maßnahme war die Anlage des Stichkanals Salzgitter vom Mittellandkanal aus. Der Bau dauerte von April 1938 bis Dezember 1940. Über den Hafen Salzgitter an diesem Kanal konnte für die Verhüttung notwendige Kohle zum Stahlwerk geliefert werden, Schlacke konnte abtransportiert werden.
Was uns hier interessiert, ist aber die Eisenbahn, die beim Abtransport des erzeugten Stahls und für den Personentransport wichtig war. Die dem Werk nächstliegende Bahntrasse war die Stammstrecke Braunschweig Nord – Derneburg der Braunschweigischen Landeseisenbahn. Um sie konsequent in das nationale Bahnnetz einbetten zu können, wurde die Landeseisenbahn im Januar 1938 verstaatlicht. Die existierende Trasse war eingleisig und zur Erschließung der ländlichen Region konzipiert. Sie mündete innerhalb Braunschweigs nicht in den Hauptbahnhof, sondern in den Westbahnhof. Um die Leistungsfähigkeit der Verbindung zu erhöhen, wurde zwischen Drütte und Leiferde – wo man an die Trasse zwischen Braunschweig und Wolfenbüttel anschließen konnte – eine schnurgerade zweigleisige Trasse gebaut. Südlich von Drütte blieb zunächst die alte Trassenführung erhalten. Die alte Trasse nördlich von Drütte wurde noch für ein paar Jahre für den Güterverkehr in Thiede genutzt.
Von Drütte zweigte eine Bahn zum Übergabebahnhof der Reichswerke Richtung Westen ab. Dieser befand sich etwa zwischen dem Flughafen Salzgitter-Drütte und dem heutigen Bahnhof Salzgitter-Immendorf. Hier ist nicht der Rahmen, auf diesen Bahnhof einzugehen, ebenso wie die kleineren Bahnstrecken, mit denen das Eisenerz von den Bergwerken zur Hütte geliefert wurde.
Karte
Groß-Gleidingen-Wolfenbüttel
Eine weitere vorher von der Landeseisenbahn betriebene Strecke war die relativ kurze Zweigstrecke, die seit 1886 am Hoheweg von der Stammstrecke nach Wolfenbüttel abzeigte. Auch sie war nicht für schwerere Güterzüge ausgelegt, außerdem war jetzt natürlich die Einmündung am Hoheweg die „falsche“. Also wurde auch hier neutrassiert, diesmal etwas weiter nördlich innerhalb Fümmelse, und es wurde eine Einmündung in die Strecke Leiferde – Drütte gebaut. Weiterhin wurde die Trasse aber auch verlängert bis Groß-Gleidingen, wo sie auf die Strecke Braunschweig – Hannover traf. Hierüber konnten einerseits Güterzüge einerseits Richtung Westen geleitet werden, ohne durch das Nadelöhr Hauptbahnhof zu müssen. Andererseits sollte dies auch der Weg werden, über den Züge aus Süden und Südwesten in den gerade neu konzipierten Rangierbahnhof einfahren sollten, dessen westliches Ende etwa an der später gebauten Echobrücke liegen sollte.
Diese Strecke ging im Juli 1944 in Betrieb, einen Monat nach der Landung der Alliierten in der Normandie.
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