Braunschweig – Bad Harzburg

Der Bau der Trasse von der Stadt Braunschweig nach Harzburg erfolgte in zwei Abschnitten: zuerst nach Wolfenbüttel und danach der Rest. Wenn man mit heutigen Bauprojekten vergleicht, kommt einem das Vorgehen im 19. Jahrhundert als atemberaubend schnell vor:

  • 1. Mai 1837: Die Herzogliche Eisenbahn-Commission wird gebildet
  • 25. Mai 1837: Die Ständeversammlung stimmt dem Plan zu
  • 1. August 1837: Erster Spatenstich
  • 1. Dezember 1838: Eröffnung der Strecke nach Wolfenbüttel

Erst am 13. November 1837 erfolgte der Vertragsabschluss mit Hannover, der für die Führung der Strecke über hannoversches Gebiet zwischen Schladen und Vienenburg notwendig war. Offenbar hat man mit dem Bau der Strecke nach Wolfenbüttel noch vorher begonnen. Dass die Zustimmung überhaupt gegeben wurde, mutet wie ein Wunder an, wenn man den schwierigen Verlauf der Verhandlungen mit Hannover in den Jahren vorher und nachher kennt. Eine Rolle dürfte gespielt haben, dass man hoffte, dass auch das hannoversche Goslar bald danach angebunden würde (tatsächlich dauerte das noch bis 1866). Dass Hannovers König Wilhelm IV. (in Personalunion König des Vereinigten Königreichs) im Juni 1837 starb und ihm Ernst August I. auf dem Thron folgte, könnte auch relevant gewesen sein.

Lage des Bahnhofs auf einem Plan von 1841 [1]

Da die Strecke nach Harzburg – damals noch Neustadt genannt – die erste Bahnstrecke der Stadt Braunschweig war, definierte sie naturgemäß den Bahnhof. Da die Strecke nach Süden ging, wurde der Bahnhof südlich der Innenstadt angelegt, genauer gesagt auf einer Küsters Insel genannten Halbinsel, die südlich vom westlichen Umflutgraben und östlich und nördlich vom Neustadtmühlengraben umflossen wurde.

Empfangsgebäude Braunschweig 1838 [2]

Das erste Bahnhofsgebäude wurde von Carl Theodor Ottmer entworfen. Obwohl der Bahnhof ein Kopfbahnhof war, stand das Empfangsgebäude seitlich der Gleise. Am Gleisende ermöglichte eine Drehscheibe das Rangieren in einen Wagenschuppen.

Caféhaus Wolfenbüttel
Caféhaus Wolfenbüttel [3]

Um die Attraktivität von Wolfenbüttel für den Personenverkehr zu erhöhen, wurde dort ein Caféhaus errichtet, so wie beim Braunschweiger Empfangsgebäude nach Plänen von Carl Theodor Ottmer. Ottmer entschied sich für einen Stil mit stark orientalischen Bezügen. Leider hat das Caféhaus die Zeit nicht überdauert. Schon 1863 wurde es wegen Bauschäden geschlossen. Heute steht an seiner Stelle das Parkhotel Altes Kaffeehaus.

Im Gegensatz zu den von Aktiengesellschaften finanzierten ersten Strecken in Preußen und Sachsen wurde die Bahn auf braunschweigischem Gebiet als Staatsbahn aufgezogen. Damit war es die erste Staatsbahn in Deutschland (aber nicht in Europa, denn Belgien war schneller). Das hieß aber auch, dass der Staat Wege zur Finanzierung finden musste. Hierfür wurde das 1765 gegründete Herzogliche Leyhaus herangezogen. Auch dieses kann einen Superlativ für sich beanspruchen: den der ersten Staatsbank in Deutschland. Es war einer der Vorläufer der NORD/LB, die sinnigerweise heute einen Sitz im Alten Bahnhof hat.

Bahnhof von Wolfenbüttel in seiner ursprünglichen Form

Anders als bei der Baugeschwindigkeit gingen Kostenschätzungen ebenso in die Irre wie heute: die für die gesamte Strecke geplante Summe von 400.000 Talern reichte gerade einmal für den Teilabschnitt bis Wolfenbüttel aus – 450.000 weitere Taler mussten nachgeschossen werden. Die Ständeversammlung, die ansehen musste, wie Steuergelder dafür ausgegeben worden waren, Menschen zum Kaffeetrinken nach Wolfenbüttel zu bringen, anstatt den (anfangs noch sehr geringen) Gütertransport voranzubringen, war nicht amüsiert. Nur die steigenden Passagierzahlen – und damit natürlich auch die Einnahmen, die die Erwartungen gerade zur Sommersaison hin deutlich überstiegen, konnten von der Zukunftsfähigkeit der Eisenbahnen überzeugen, so dass der Weiterbau nach Harzburg beschlossen werden konnte.

Bahnhof Vienenburg 2023

Im August 1840 konnte der Teil bis Schladen und der Teil zwischen Vienenburg und Harzburg eröffnet werden. Der Abschnitt dazwischen verzögerte sich dadurch, dass er auf hannoverschem Gebiet lag, wofür es noch kein geeignetes Gesetz zur Enteignung gab. Also befuhr man diesen Abschnitt noch mit Pferdekutschen. Im Oktober 1841 wurde die Lücke geschlossen. Auf dem südlichsten Teil der Strecke zwischen Vienenburg und Bad Harzburg wurde zunächst kein dampfbetriebener Zug, sondern eine Pferdebahn eingesetzt: In Vienenburg waren die Pferde stationiert, die den Zug von hier bergauf zogen. Auf der umgekehrten Strecke ließ man den Zug einfach durch Schwerkraft antreiben; die Pferde wurden dabei auf Waggons verladen. Das hatte mit der Höhendifferenz von über 50 m in diesem Bereich zu tun: die bis dahin eingesetzten Lokomotiven waren nicht für eine solche Steigung ausgelegt. Dies änderte sich im November 1843.

Um der Endhaltestelle in Harzburg zusätzlichen Nutzen zu verleihen, wurde in der Nähe ein Sägewerk gebaut, mit dem Holz aus dem Harz in eine mit der Eisenbahn transportable Form gebracht werden sollte. Damit wurde das Flößen von Baumstämmen durch ein günstigeres Transportmittel ersetzt. Ebenso wurde der bis heute betriebene Gabbro-Steinbruch eingerichtet, der Material für das Gleisbett liefern sollte. 1859 betrieb Amsberg auch noch die Anlage des Radaufalls zur Belebung des Fremdenverkehrs.

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