Vom Godehardsplatz ist es nicht weit zum Lappenberg. Hier stand eine 1849 eingeweihte Synagoge. Wie viele andere Synagogen wurde sie am 9. November 1938 von SS-Leuten in Brand gesteckt und zerstört. Fast zehn Jahre später wurde ein Gedenkstein eingeweiht, der an diesen Irrsinn erinnert. Das heutige größere Mahnmal, das im Zentrum des einstigen Gebäudes steht, wurde in den 1980ern errichtet.

Südlich von Godehardkirche und Lappenberg verläuft die einstige Stadtbefestigung. Der Kehrwiederturm als Teil der Befestigung war einer der Tortürme der Neustadt. Für den Namen gibt es verschiedene Theorien, mal mehr, mal weniger poetisch. Historiker glauben wohl am ehesten an einen Zusammenhang mit dem Knick (Kehrwehr) in der Befestigungsanlage an dieser Stelle. Seit den 1980er Jahren zeigt der Kunstverein in dem Turm Ausstellungen – auf kleiner Fläche, aber auf vier Etagen.

Der mehrere Meter über der Umgebung angeschüttete Wall mit einer Lindenallee bietet sich für einen Spaziergang Richtung Osten an. Die ist eines der wenigen Überbleibsel der Stadtbefestigung – andere Wallanlagen wurden Anfang des 19. Jahrhunderts abgetragen.

Man hat hier einen ständigen Blick auf die Häuser der Neustadt. Die Neustadt wurde Anfang des 13. Jahrhunderts angelegt. Man erkennt sie auf der Karte auch an ihrer rechtwinkligen Straßenanlage. Lange Zeit blieb die Neustadt von Hildesheim unabhängig, und es gab bis ins 16. Jahrhundert hinein eine Stadtmauer zwischen beiden. Eine Situation, die an die Koexistenz der Weichbilde in Braunschweig erinnert.
Die zwischen den Häusern aufragende Kirche ist die Lambertikirche, deren Bau (nach einem Vorgängergebäude) 1474 im gotischen Stil begonnen wurde. Damit ist sie eine der jüngeren Kirchen der Innenstadt.

Wo der Wall auf die Annenstraße stößt, wenden wir uns nach links, um in die Neustadt zu gelangen. Die Neustadt war traditionell das Gebiet, wo sich bevorzugt Juden niederließen – Anfang des 19. Jahrhunderts waren es ca. 170 Haushalte, viel mehr als in der Altstadt. Die Keßlerstraße – Straße der Kesselflicker – war eigentlich keine wohlhabende Wohngegend. Die aufwendigeren Fachwerkbauten gab es in der Altstadt. Mit dem Abbrennen der Altstadt im Krieg haben sich die Verhältnisse in gewisser Weise umgekehrt: das Quartier, was man am ehesten mit dem alten Hildesheim identifiziert, ist das mit den einfacheren Häusern. Und der Begriff Neustadt wird hier auf den Kopf gestellt: gegenüber der Altstadt ist es heute der Stadtteil mit den älteren Häusern.
Das aufwändigere Haus, das sogar einen Vorhof hat, ist die einstige Dompropstei. Der Dompropst hatte als Grundherr eines gewissen Territoriums im Hochstift politische Macht. Das heutige Gebäude wurde nach einem Brand des Vorgängerbaus 1633 begonnen, das Portal und die Treppenanlage stammen aber aus dem 18. Jahrhundert. Dass Balkenaufschriften das Haus als Freimaurer-Loge identifizieren und über der Tür Zirkel und Winkel zu sehen sind, liegt daran, dass nach der Säkularisation die „Pforte zum Tempel des Lichts“ das Gebäude übernahm.

Auch in der Knollenstraße kann man noch ein repräsentatives Haus sehen, das 1789 gebaut wurde. Hier wie an anderen Häusern gefallen mir vor allem die Haustüren, die ohne viele Schnörkel auskommen und die einen mit ihrer schieren Farbigkeit erfreuen – bei der Echternstraße in Braunschweig ist es ähnlich.

Am Brühl kommen wir wieder in die Gegend der Klöster, die im Laufe des Mittelalters rings um den Dom gebaut wurden: Die „Brüder vom gemeinsamen Leben“ zogen 1444 in den schon vorher bestehenden sogenannten „Lüchtenhof“. Nach der Auflösung des Ordens 1611 wurde das Grundstück Kapuzinern übergeben. 1657 begannen diese schließlich mit dem Bau der Seminarkirche am Brühl. Die Fassadengestaltung geht im wesentlichen auf die Jahre 1766-72 zurück, als nach einem Brand ein Wiederaufbau auf den bestehenden Grundmauern erforderlich wurde. Das Kapuzinerkloster wiederum wurde 1813 (also einige Jahre später als die meisten anderen) aufgehoben, die Gebäude neben der Kirche wurden zum Priesterseminar des Bistums.
Im Zweiten Weltkrieg brannte die Kirche erneut aus. Im Inneren wirkt sie nach der Wiederherstellung heute geradezu modern: rechteckiger Grundriss, flächige Wände. Die benachbarten Gebäude – im Norden das „Pesthaus“ – gehörten auch zur Klosteranlage. Heute wird der Gesamtkomplex einschließlich eines Neubaus an der Neuen Straße als Tagungszentrum mit Übernachtungsmöglichkeit genutzt.

Kirche oder Altenpflegeheim? Hier hat man ein Kirchengebäude vollkommen umgenutzt. Zunächst 1234 wurde eine Kirche St. Paulus für ein Dominikanerkloster errichtet. Diese wurde später durch diese Hallenkirche ersetzt. Mit Einführung der Reformation wurde das Kloster aufgelöst, und die Kirche wurde protestantische Pfarrkirche. 1806 schließlich wurde die Gemeinde aufgelöst, der Kirchenraum danach zeitweise als Exerzierhaus und Lagerraum verwendet.
1870 erfolgte die nächste Wende: das „Konzert- und Gesellschaftshaus“ wird für kulturelle und gesellschaftliche Veranstaltungen genutzt. Nach Zerstörungen bis auf die Außenmauern im Zweiten Weltkrieg ging das Grundstück an die Vinzentinerinnen, die im direkt westlich benachbarten Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vinzenz von Paul lebten. Abrissplänen entging das ruinöse Gebäude gerade noch. Schließlich wurde – insbesondere in Hinblick auf den Erhalt dieses Denkmals – 1979 der Umbau in ein Altenpflegeheim begonnen.

Die Geschichte der Kirche zum Heiligen Kreuz hört sich abenteuerlich an: der Kern des Gebäudes soll im 9. Jahrhundert die Torhalle der Stadtbefestigung bzw. der Befestigung der Domburg gewesen sein. Damit wäre es eines der ältesten Gebäude der Stadt. Schon im 11. Jahrhundert soll aber schon der Umbau in ein Gotteshaus erfolgt sein, worauf noch einige Umbauten folgten. Die barocke Westfassade kommt mir wie die einer italienischen Kirche vor. Vor dem Eingangsportal gibt es noch eine Freitreppe, die von zwei Sandsteinskulpturen flankiert wird. An der Nordseite gibt es ein nicht weniger auffälliges Portal mit zwei Heiligenfiguren.

Neben dem eigentlichen Kirchenraum gibt es noch einen Kreuzgang und eine Kapelle. Auffällig ist der unterschiedliche Stil im Innern: schlicht romanisch das Hauptschiff, verschnörkelt barock das nördliche Seitenschiff.
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