Lessingplatz

Einer der schönsten Plätze in Braunschweig ist der Lessingplatz. Die 2,5 m hohe Lessing-Skulptur, die man hier sieht, wurde 1849 von Ernst Rietschel angefertigt, das Denkmal auf einem Granit-Postament 1853 eingeweiht. Rietschel ist auch Urheber des Goethe-Schiller-Denkmals in Weimar – eine stilistische Ähnlichkeit wird man feststellen.

Lessingplatz

Das Gebäude, das man hinter dem Denkmal sieht, ist 1795 bis 1796 als Garnisonsschule (eine Schule für die Kinder der Soldaten) errichtet worden. Heute sitzt dort die Rechtsanwaltskammer. Das Aussehen des Gebäudes täuscht: tatsächlich ist es ein Fachwerkbau.

In der Nähe befindet sich die schönste Ruine der Stadt (abgesehen vom Portikus im Bürgerpark).

Ruine am Lessingplatz

Ursprünglich war St. Ägidien eine Klosterkirche aus der Zeit noch vor dem Dom. Das gotische Gebäude ist nach einem Brand der ursprünglichen Kirche 1278 entstanden. Die Inneneinrichtung ist recht sparsam, weil die Kirche 1811 als Pfarrkirche aufgehoben wurde und das Inventar versteigert wurde.

Inneres der Ägidienkirche

Danach war die Nutzung auch im landläufigen Sinn profan: als Depot, Magazin und Konzertsaal, 1902 schließlich (zusammen mit den Klostergebäuden) als Museum, nämlich als Vorläufer des Landesmuseums. Zu dieser Zeit wurde auch der Chor des bis dahin in der Nähe des Ruhfäutchenplatzes gelegenen und abgerissenen Paulinerklosters hierhin versetzt und als Teil des Museums genutzt.

Zu alten Kirchenehren ist St. Ägidien nach 1945 gekommen, nachdem St. Nicolai (hinterm Schloss) zerstört worden war und die katholische Gemeinde nun eine Bleibe suchte.

Mit ihrer großen Halle ist die Kirche in Braunschweig einzigartig. Durch ihre erhöhte Lage ist sie auch vom Bohlweg aus ein Blickfang. Anders als andere Kirchen hat sie keine Türme, aber das ist keine Absicht: es waren durchaus welche geplant, doch der Bau scheiterte mehrfach an dem nicht tragfähigen Untergrund. Hier sieht man noch die Reste.

Stümpfe der Türme der Ägidienkirche

Auf dem Weg um die Ägidienkirche kommt man an einigen Fachwerkbauten vorbei.

Hinter Ägidien (I)

Selbst andere Häuser fügen sich in das „Fachwerkdorf“ ein und wirken nett zurechtgemacht:

Hinter Ägidien (II)

An einem neu gebauten Restaurant wurde ein altes Portal wiederverwendet:

Eingang zu einem Restaurant am Ägidienmarkt

Auf der Nordseite der Ägidienkirche befand sich einmal der Mittelpunkt des Weichbilds Altewiek (also einer der ursprünglichen Teilstädte Braunschweigs) mit einem eigenen Rathaus. Das Rathaus wurde 1752 abgebrochen und durch ein Haus ersetzt, in dem später Lessing starb. Dieses Gebäude wiederum wurde im Krieg zerstört. Was man jetzt hier sieht, ist eigentlich Fake: das Leisewitzhaus stand ursprünglich in der Wallstraße und musste einem Parkhaus Platz machen (in den 1970ern sicherlich der letzte Schrei an Stadtarchitektur). Da man nun in der Wallstraße ein Haus zu viel, an der Ägidienkirche aber eins zu wenig hatte, wurde es kurzerhand nach hier versetzt.

Ägidienkirche von Osten

100 m weiter südlich befinden wir uns an dem Gebäude, in dem 1784 Louis Spohr geboren wurde, zu Lebzeiten einer der berühmtesten Komponisten im deutschsprachigen Raum. In seiner Geburtsstadt hat er aber nicht viele Spuren hinterlassen. Einen Großteil seines Lebens verbrachte er in Kassel, wo er 1859 starb. Sehr oft wird er heutzutage nicht mehr aufgeführt, ich habe aber das schöne Oratorium „Die letzten Dinge“ gehört, von dem es auch einige Aufnahmen gibt.

Geburtshaus von Louis Spohr

Ein paar Meter durch Mönch- und Auguststraße weiter tobt der John-F.-Kennedy-Platz. Dieser wurde erst nach dem Krieg als Verkehrsknotenpunkt geschaffen, wobei beschädigte Gebäude großräumig abgeräumt wurden. Auf dem Rückweg zum Lessingplatz kommen wir aber auch an dem Gebäude der John-F.-Kennedy-Schule vorbei, bei ihrer Eröffnung 1914 eine Knaben-Mittelschule, inzwischen eine Realschule.

Portal an John-F.-Kennedy-Schule

Wie in der nördlichen Altstadt treffen wir auf ein Portal, das älter als das Gebäude ist: es stammt von dem nicht mehr existierenden Eckhaus Poststraße/Schützenstraße, für das es 1711 geschaffen wurde.

Portal an John-F.-Kennedy-Schule, das aus der Posttraße hierhin umgesetzt wurde

Als Besucher wird man heute als Lessingplatz den Platz um das Denkmal wahrnehmen. Dies ist aber eigentlich nur die nördliche Ausbuchtung des Platzes, dessen größerer Teil sich über die angrenzende vierspurige Straße bis zum Haus Salve Hospes (heute Kunstverein) erstreckt. Hier ein Vergleich zwischen der Situation 1836 [1], als der Platz Teil der Wallanlagen war, mit der Situation heute [2]

Karte 1836
Karte 2021

Der Fluss an der linken Seite ist die Oker in ihrem ursprünglichen Lauf. Heute ist sie verrohrt. Mitten durch die Symmetrieachse der Platzes fährt heute die Straßenbahn – als Fußgänger wird man sich hier nicht aufhalten wollen. Damals muss das anders gewesen sein. Der größere Platz hieß erst „Am Gänsewinkel“, dann „Tummelplatz“ – ein passender Name, denn hier traten im 19. Jahrhundert zu Zeiten der Sommermesse Gaukler, Seiltänzer und andere Kleinkünstler auf. 1881 wurde hier das Siegesdenkmal für den Sieg über Frankreich aufgestellt – eine Symbolik, die man heute glücklicherweise nicht mehr braucht. Passend dazu ist dieser Platz zwischen 1933 und 1945 übrigens Siegesplatz genannt worden.

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